Schon vor dem dreißigjährigen Kriege (1618 - 1648) und in vermehrtem
Maße danach verdienten viele Einwohner aus dem Hinterbregenzerwald ihren
Lebensunterhalt als Saisonarbeiter in der Schweiz, in Süddeutschland
und im Elsaß. Sie waren allesamt Bauleute, die zeitig im Frühjahr
auszogen und erst im Spätherbst wieder während der Wintermonate in ihre
Heimat zurückkehrten. In der Fremde wurden manche von ihnen auch mit den
neuen Glaubenslehren bekannt. Zum Teil nahmen sie diese auch an. So ist
es nicht weiter verwunderlich, daß es im hintersten Bregenzerwald
Zwinglianer und Wiedertäufer gab, die sowohl von geistlicher als auch
von weltlicher Seite mit Nachdruck bekämpft wurden (Augsburger
Religionsfrieden 1555: Cuis regio, eius religio - Wes das Land, des der
Glaube).
Nachrichten über das Eindringen der Wiedertäufer in die
Pfarre Au verdanken wir einem geborenen Auer, dem durch priesterliche
Tugenden ausgezeichneten Pfarrer Joh. Jak. Ober (gest. 1825 in Au), der
manche geschichtlichen Notizen über seinen Geburtsort und die Pfarre Au
meist in lateinischer Sprache zusammenstellte, aus denen die Daten über
die Wiedertäufer mehr als lokales Interesse haben. Ober fügt dem neunten
bekannten Pfarrer in der Au. v. J. 1568 - 1586, dem Weltpriester Jodok
Lang, einem höchst eigensinnigen und zänkischen Manne, der endlich in
der Folge der von den Bauern gegen ihn erhobenen Beschwerden entfernt
wurde, die Notiz an: Ein Handwerker, der sich in der nahen Schweiz
einige Zeit aufgehalten hatte, lernte dort die Wiedertäufer kennen,
rühmte nach seiner Heimkehr in den nächtlichen Zusammenkünften (den
sogenannten Spinnstubeten) ihre Lehre und Wohltätigkeit wie auch ihren
Lebenswandel und fand Anhang.
Die weltliche Obrigkeit wollte
diese Sekte nicht dulden und schritt gegen sie ein mit dem Erklären: Sie
müßten entweder dieser Lehre abschwören oder unter Zurücklassung ihres
Vermögens auswandern. Manche zogen das letztere, die Auswanderung, vor.
Wie viele und welche Personen nun auswanderten und was sie hinterließen,
das sagt uns eine Schrift, die, als vor Jahren das Gerichts-Archiv zu
Bezau neu geordnet und alte, unnütze Schriften beseitigt wurden, einem
Bauer von Schwarzenberg in die Hände fiel. Der Inhalt dieser
Schriftstückes ist folgender:
Auszug aus dem Protokoll von den aus der Au im Jahre 1585 hin weggezogenen wiedertäuferischen Personen:
- Hans Mosmann und sein Weib mit 3 Kindern sind hinweg und haben ein Vermögen hinterlassen 413 fl.
- Jos. Seiller ist auch mit 2 Kindern fort, darnach ist sein Weib auch noch fort. Haben dagelassen 186 fl.
- Oswald Rüscher ist hinweg und hat hinterlassen 160 fl.
- Hans Seiller ist mit seinem Weib und 3 Kindern fort und seine Hinterlassenschaft war 79 fl.
- Elisabeth Moosbrugger ist fort, hat hinterlassen 38 fl.
- Salomon Koler ist fort und sein Weib, haben an einem Häusle hinterlassen 16 fl.
- Anna Albrechtinn ist auch fort, hat hinterlassen 14 fl.
- Dorothea Rüscherin, Kaspars Tochter ist fort, hat hinterlassen 118 fl.
- Kasper Rüschers Enkel ist auch fort, hat hinterlassen 116 fl.
- Jakob Moosbrugger ist sein Weib fort mit 3 Kindern ihre Hinterlassenschaft ist gewesen 36 fl.
- Barbela und Nesa die Seillerin, Hans Seillers Töchter sind noch ledig und haben Vater und Mutter verlassen
- Hans Mosman, Baschas Sohn, hat noch Vater und Mutter hier zurückgelassen
- Michel Albrecht, Linharts Sohn, ist auch hinweg, hat noch Vater und Mutter hiergelassen
- Jakob Koler, Michels Sohn, ist fort, hat auch Vater und Mutter allhier zurückgelassen
- Anna
Rüscherin, Josen Tochter, ist auch fort, hat den Vater noch hier, die
Mutter war Gott befohlen ist noch ledig, hat hinterlassen 70 fl.
- Peter Mosmans 2 Töchter ledig sind auch hinweg
- Hans Spuelers, sein Weib mit seiner Tochter auch hinweg, und er und seine vier Söhne noch hier
- Hans Spueler ist auch hinweg mit 2 Söhnen, hat noch Söhn hiergelassen und hinterlassen 150 fl. und an fahrender Hab 3 fl.
In allem sind der "fortgeloffenen" Personen 38 gewesen, welche ein Vermögen von 1415 fl. zurückgelassen haben.
Es
trennten sich Mann und Weib, Eltern verließen ihre Kinder und Kinder
ihre Eltern, weder Blutbande noch materielle Opfer vermochten die
Wiedertäufer zurückzuhalten.
Wahrscheinlich zogen diese
Wiedertäufer wie die Appenzellischen (1579 und früher) nach Mähren. Als
nämlich die auswandernden Auer unschlüssig waren, wohin sie ziehen
sollten, blies einer derselben auf dem Starzeljoch eine Feder in die
Höhe, um den Weg nach jener Richtung hin zu nehmen, wohin die Feder
flöge. Sie flog nach Osten und die Auswanderer zogen, so überliefert die
Sage, nach Mähren. (Daher stammt der Spottname für die Auer
"Federnblaser".)