Der Zehent

Über den Ursprung des Zehent in der Pfarre Au liegt nichts Schriftliches vor, derselbe besteht schon seit Jahrhunderten. Im Stiftsbrief der Pfarre Au wird nur der Zehent erwähnt, der abjährlich an den Landsherrn, den Prälaten zu Mehrerau, abzuführen war: "Das wir die gepurschaft gemainlich in den Owen rich und arm und alle unser Erben und Nachkommen dem Abpt und Conuent des Gotzhus in der Ow zu Bregenz und allen jr Nachkommen jr Zehenden groß und klein, voll und geläß richten und geben söllen und wellen."

Pfarrer Ober meint nun, der Prälat in Mehrerau habe gesehen, daß die im Stiftsbriefe stipulirten Subsistenzmittel für einen Priester in Jaghausen unzureichend seien, daher habe er einen Teil jenes Zehent, der ihm mußte verabfolgt werden, dem Pfarrer überlassen, sich selbst einen bestimmten Betrag ("pensionem") von 23 fl vorbehaltend, der ihm jährlich zu bezahlen war. Dies über die mutmaßliche Entstehung des Pfarrzehent.

Man unterschied einen zweifachen Zehent: Großzehent und Kleinzehent. Zum Großzehent (Natural-Feldzehent) gehörte der zehnte Teil von allem dem, was auf aufgebrochenem Grund (Äckern) gepflanzt wurde. Es waren dies hauptsächlich Flachs, auch Hanf, weniger Getreide. Zum Kleinzehent gehörte der Viezügel, daher auch Blutzehent genannt. Dazu kam auch Honig und Obst.

Die ältesten Notizen über den Zehent hat uns Pfarrer Beer hinterlassen. Er schreibt: "Ist zu wissen, daß man von Alter hero einem Pfarrer zu Jaghausen den zechenden geben hat nachfolgend gestalt: Von dem Werch oder Flax, item von dem Hampf, hat man geben den zechenden Thail des Werchs und Hampfs, wan mans nach der Rötzi vom Feld aufgenommen hat; wie es in anderen Orthen im Bregenzerwald breüchlich ist. Auch hat Jakob Graf, der alte Schmid zu Undergräsalp meinem Vorfahren und mir die ersten Jahr den Zehenden geben von Gersten, so ihme gewachsen ist, sonsten hat niemand Gersten oder anders Korn hie gesähdt und pfantzet, während ich hier bin."

Der Großzehent wurde schon frühzeitig abgelöst. Der genannte Pfarrer Beer schreibt hierüber: "Umb das Jahr Christi 1500 ohngefähr (wie die Alten sagen) ist man mit Herrn Josen Koler, Pfarrherrn oder Vikario allhie zur selben Zeit wegen Zechenden insgemain übereinkommen, daß man ihm für solche jährlich ohn sein Mühe und Unkosten geben soll in parem Gelt 110 fl. und erlegen auf S. Agatha-Tag wegen richtigerer und füglicherer Bezahlung, da dies Geld auf St. Martinstag verfallt, wie auch die Preisterzins und Pfrundgelt. Und solcher Gestalt ist dieser Zehenden nemlich 110 fl. bishero auch mir erlegt worden."

Pfarrer Beer hat sich hier in der Zeit geirrt, da Pfarrer Jodok Kohler 1588 - 1609 Pfarrer in Au war; also ungefähr 1600 geschah die Großzehent-Ablösung.

Zur Hereinbringung der genannten Ablösungssumme per 110 fl. R. W., welche auf weltewige Zeiten fixiert ward, wurde teils auf Häuser, teils auf die angebauten Grundstücke ein Zehentschilling gelegt. Ein bewohntes Haus zahlte 6 kr., ein unbewohntes 3 kr. R.W. Die angepflanzten Ackerstücke wurden zu Vierlingen berechnet und je nach Erfordernis mit einem größeren oder kleineren Zehentschilling belegt (durchschnittlich je 7 kr. R.W.).

Bezüglich des Kleinzehent schreibt Pfarrer Beer: "Gehört einem Pfarrer der Zehenten von allem Honig der Immen so man hat; item von geimteten OpB, Oepflen und Piren, item von Bonen und Ärbsen. Von einem jungen Fülin (Füllen) zahlt man 2 kr., von ainem Ziechkälblin 1 kr., von ainem Ziechkitzlin 2 Pfennig. Von den jungen Hüenlein haben auch etliche Weiber etwan ein Hänlein mir für den Zechenden geben. Ob aus Schuldigkeit oder freiwillig, weiß ich nicht; ich habe es genommen und eine Gegenleistung gemacht. Alle diese Zechenden seind wenig werth. Ich wollte sie jährlich umb 1 fl. 30 kr. geben, weil ich hir bin oder noch nächer (billiger)."

In einem späteren Verzeichnis heiß es: "Zum Kleinzehent bezahlt 1 Füllen oder Pferd 4 kr., 1 Kalb 1 kr., 1 Lamm 2 Pfennig, 1 Gitze oder Geißen 2 Pfennig, 1 Imme (Bienenstock) 3 kr., vom Obst wird nichts bezahlt." Von einem Krautgarten bezahlte man (nach Pfr. Beers Bemerkung) 1 kr., fernen von jedem Vierling Erdäpfel 4,5 - 6 kt.

Es scheint, daß man dem Nachfolger des Pfarrer Beer, nämlich dem Pfr. Joh. Zengerle (1669 - 1693) den Zehent nicht mehr so genau bezahlt hat, wie seinen Vorgängern, denn eine Notiz von ihm aus dem Jahr 1680 am 16. Juli besagt u.a., es wäre am besten, wenn der Prälat von Mehrerau als Patron und sein Pfarrer ("qui meus est parochus") die Pfarrangehörigen ermahnte ("per literas juratas"); er (Zengerle) könne dies nicht tun, ohne den Haß der Pfarrkinder auf sich zu laden und sie sich abgeneigt zu machen.

Der Kleinzehent wurde nach einer Bemerkung des Pfr. Reutemann wahrscheinlich unter Pfr. Greber (1702 - 1733) abgelöst, und zwar um 2 fl 45 kr. R. W. oder einen Federnthaler. Die ganze Ablösungssumme bezifferte sich also auf 112 fl. 45 kr. R.W.; sie verfällt auf Martini und ist dem Pfarrer ohne seine Müh und Unkosten an Agatha Tag zu bezahlen. Den Zehentbezug verwalteten die Ortsvorsteher von Au und Schoppernau gemeinschaftlich. Jedes Jahr wurde von ihnen 9 Einzieher für die 9 Parzellen beider Ortschaften bestellt, welche die zehentbaren Gegenstände aufnehmen, in die Rechnung einreihen und den bestimmten Zehentschilling einziehen mußten. Die Zehentquote ward auf die Äcker in der Höhe berechnet, daß auch die Einzugs- und Verwaltungsgebühr aus dem Gesamtbetrag bestritten werden konnte.

Nach Hiller, Au im Bregw.